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Wir sind vom 15. Juli bis einschließlich 28. Juli im Erholungsurlaub. E-Mails und Anrufe können in dieser Zeit nicht bearbeitet oder weitergeleitet werden.

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WENDLANDREDEN - Folgt mir nach

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Podcast mit Lea-Marike Hoene (Möbel Wolfrath), Sabrina Donner (Stabsstellenleitung Digitalisierung) und Anwältin Julie Wiehler über Generationenwechsel...

WENDLANDREDEN als RSS Feed: https://anchor.fm/s/e9715914/podcast/rss

Kapitel:

  • - 00:02:35 - Unternehmensnachfolge bei Möbel Wolfrath in Grabow
  • - 00:09:02 - Nachfolge-Arbeit als Notarin in Hitzacker
  • - 00:16:19 - Digitalisierung und KI-Einsatz in der Kreisverwaltung Lüchow-Dannenberg
  • - 00:24:11 - Chancen und Risiken mir mehreren Generationen im Unternehmen
  • - 00:33:09 - Bewerbungstipps für Rückkehrende und Neuankömmlinge im Wendland

 

Links:

 

Spotify Podcast

 

Audio-Transkript

00:00:02 INTRO

00:00:53 WENDLANDLEBEN

Hallo zu WENDLANDREDEN, dem Podcast über Work Life Land und Sinn für gute Zukunft. Wir reden hier mit Menschen aus dem Wendland über Transformationsthemen, die sie konkret erleben und mitgestalten.

Heute: "Folgt mir nach - Wie Unternehmensnachfolge und Generationenwechsel die Arbeitswelt im Wendland erschüttern und erneuern". Wir wollen heute erfahren, wie es ist, ein Unternehmen, einen Betrieb zu übernehmen. Wie es ist, wenn neue Ideen auf alte Strukturen stoßen und haben dafür drei Gäste vom Fach. Wir haben Lea Marike Hoehne von Möbel Wolfrath hier, Julie Wiehler als Anwältin und Sabrina Donner als Stabsstellenleitung Digitalisierung vom Landkreis Lüchow-Dannenberg. Und alle 3 haben Erfahrung mit Arbeitswelt, Betrieben und neuen Ideen und auch alten Strukturen. Vermutlich. Schön, dass ihr da seid!

Mein Name ist Steffen Rudnik. Ich bin seit drei Jahren im Wendland und arbeite seit zweieinhalb zusammen mit Sigrun Kreuser bei WENDLANDLEBEN. Das ist eine Initiative, die Menschen beim Ankommen im Wendland, im Landkreis Lüchow-Dannenberg, begleitet und Alt-, Neu- und Bald-Wendländer einen vernetzt. Wir nehmen diesen Podcast jetzt gerade in einem Schafstall unter strahlend blauen Himmel während der Kulturellen Landpartie in Weitsche auf. Die Kulturelle Landpartie (KLP) ist das größte selbstorganisierte Festival Norddeutschlands und hat seinen Ursprung in der Antiatomkraftbewegung und zieht jährlich zwischen Himmelfahrt und Pfingsten so um die 60.000 Menschen in diese ländliche Region. Ja, und das ist richtig gut. Fangen wir an, Lea.

00:02:36 LEA

Ja.

00:02:36 WENDLANDLEBEN

Du bist bei Möbel Wolfrath Geschäftsführung. Wie ist es dazu gekommen?

00:02:42 LEA

Ja, Wie es dazu gekommen. Also, ich bin mittlerweile 39 und vor 12 Jahren war es so, dass meine Mutter mich gebeten hat, sie 100 Tage im Betrieb zu vertreten. Also unser Unternehmen gibt es seit 1933. Mein Urgroßvater hat das als Tischlerei gegründet und meine Mutter wurde 50 und wollte 100 Tage Auszeit machen. Das hätte sie vorher noch nie, also hatte nie die Chance dazu. Und ich hatte gerade einen Job in Berlin, der mir nicht besonders gut gefallen hat. Also habe ich den gekündigt, habe gesagt jetzt mein Geschenk zum 50. und bin ich nach Hause gekommen. Und für mich kam es eigentlich also so als junge Frau damals nicht in Frage, das zu machen, weil meine Eltern früher mal so gestresst waren. Wir hatten ziemlich viel Streit in der Familie, Stress also es war für mich, jetzt sag ich mal, nicht eine rosige Kindheit, sondern es war geprägt von so einem Unternehmer Haushalt, wo eigentlich die ganze Zeit das Unternehmen im Mittelpunkt steht und alles andere ist egal. Und dann habe ich aber diese 100 Tage verbracht bei uns im Betrieb und hab gemerkt: Boah, ich hab ne Reichweite. Also ich kann mit dem, was ich schon kann und vielleicht dann noch dazu lerne was bewirken oder was erreichen und habe mich dann entschieden. Es war dann doch relativ spontan. Ja, ich würde auch bleiben und meine Mutter hatte damit nicht gerechnet. Vielleicht hat sie es gehofft, aber sie hat damit nicht gerechnet. Aber ich konnte dann natürlich bleiben. Sie hat sich gefreut. Ja, seitdem arbeite ich bei uns im Betrieb. Das sind jetzt fast 12 Jahre. Ich habe natürlich nicht von Anfang an die Geschäftsführung gemacht. Aber wenn man in so einem Familienbetrieb ist, dann ist man halt die Junior Chefin. Also das egal welche formale Stellung man im Betrieb hat. Aber du gehörst ja zur Familie und dann wirst du so gesehen und das hat sich jetzt sukzessive entwickelt, würde ich sagen. Also meine Mutter ist in diesem Jahr fast 5 Jahre nicht mehr im Betrieb, Die hat vor fünf Jahren schweren Schicksalsschlag erlitten und hat sich dann zurückgezogen. Und mein Mann und ich machen es seitdem allein, also sind die Geschäftsführung des Betriebes. Wir haben 60 Mitarbeiter, zwei Möbelhäuser und eine Tischlerei. Und vor einem Jahr habe ich mich entschlossen, dass ich noch eine Tischlerlehre mache. Also ich arbeite jetzt mittlerweile nicht mehr als Geschäftsführung im üblichen Sinne. Also ich bin das noch, aber meine Arbeitszeit ist da recht wenig, also ich hab 10 Stunden die Woche vielleicht in dem Job, aber hauptberuflich bin ich Tischler-Azubi. Also ich lern jetzt grad in unserer eigenen Tischlerei, den berufen ich jetzt auch grad praktische Zwischenprüfung. Ich habe es geschafft, aber nicht besonders gut...

00:05:07 JULIE

Nee?

00:05:08 LEA

Nee, also die theoretische war gut. Lernen konnte ich schon immer, also so auswendig lernen, aber die Praktische war jetzt ziemlich mies, was daran liegt, dass ich nie Zeit zum Üben habe. Also alle anderen Azubis, die sind halt nach der Schule, haben noch keine Kinder, also ich habe 2 Kinder, ich arbeite mehr als Vollzeit, ich habe nie Zeit irgendwelche Zinkenverbindungen zu sägen oder auszustemmen und so, trotzdem habe ich es geschafft. Also unser Lehrer war total süß. Er meint jetzt also, einen Gesellenbrief hätt's jetzt bekommen mit der Prüfung. Das reicht doch. Mit den Voraussetzungen muss man dann zufrieden sein und ich versucht es jetzt auch so zu sehen. Also ich möchte eigentlich immer besser sein, aber ich versuche jetzt, das so für mich zu verorten.

00:05:46 WENDLANDLEBEN

Wie sehr hilft es, die Ausbildung eigenen Betrieb zu machen bei der Credibility sag ich mal? ich stelle mir so. Wenn man als Juniorchefin ein Familienunternehmen leitet, dann ist man halt die Tochter. Irgendwie erst mal. Es wird wahrscheinlich ja auch Leute geben, die länger als du in dem Betrieb sind.

00:06:02 LEA

Oh ja, Also es hat ganz viele Aspekte. Warum ich das gemacht hab, ist unter anderem, weil ich die Tischlerei vorher nie verstanden habe. Also ich habe Bankkauffrau gelernt und BWL studiert, hab dann noch ein Jahr in Schweden Master gemacht, was jetzt aber mit der Tischlerei nicht so viel zu tun hat. Das was ich machen kann ist, dass ich sie betriebswirtschaftlich verstehe, also kalkulieren kann oder dass ich das mir herleiten kann. Aber ich habe den Beruf nie verstanden. Ich habe die Maschinen nicht verstanden und ich habe mich auch immer abhängig gefühlt von unseren Meistern, von den Gesellen. Und jeder berichtet das dann anders und ich muss mir da irgendwie eine Meinung bilden. Und ich habe immer das Bedürfnis, die Bedeutung zu erfahren und die kriegt man tatsächlich nur raus, wenn man es dann auch selber macht. Und es hat jetzt auch schon richtig viel gemacht mit mir dieses Jahr. Manchmal ärgere ich mich darüber, weil ich denke, wie krass naiv was du vorher hast. Ist ja voll schwer und sehr voll anstrengend. Und die Maschinen sind ja super kompliziert und ich hab halt vorher irgendwie aus meiner Sicht von oben drauf gedacht, dass so schwer kann das ja nicht sein. Und das war natürlich irgendwie arrogant und auch nicht... also ich habe es jetzt einfach anders begriffen und für unseren Betrieb ist es natürlich super. Was mir hilft, ist der, sich immer versuche, gute Beziehungen zu den Menschen in meiner Umgebung aufzubauen. Also Beziehungen sind für mich mit das Wichtigste. Auch zu unseren Mitarbeiterinnen. Und das hilft mir auch mit den Gesellen. Also wir haben ein ziemlich gutes Verhältnis. Ich finde, wir sind jetzt eher Kumpels, als dass ich da so also ich lass auch nie den Chef raushängen bei der Arbeit, sondern ich ordne mich da unter. Ich mache das, was Azubis so machen, tagtäglich. Für mich ist es jetzt also ich glaube, für uns als Betrieb ist es super, dass ich das mache, weil es für Entwicklung sorgt und weil ich einfach viel besser verstehen kann, was da passiert und auch die Gesellen ganz anders sehen kann und sie ganz anders hören kann. Also die freuen sich ja auch, dass ich endlich kapiert habe, worum es ihnen eigentlich geht.

00:07:54 WENDLANDLEBEN

Ich finde den Move derartig stark, dass man natürlich immer, wenn jemand was Ungewöhnliches tut, was total Sinn macht, fragt man sich, wie es sein kann, dass andere das nicht gemacht haben.

00:08:02 LEA

Es ist witzig, weil die Handwerkskammer tatsächlich gesagt, ich wäre die erste, die das jetzt so macht, als Chefin des eigenen Betriebs noch mal in die Lehre zu gehen, das hatten sie noch nie. Und das war auch formal tatsächlich gar nicht so einfach, weil unser Meister ist ja mir gegenüber weisungsbefugt und das kollidiert eigentlich also von der Struktur. Also mussten wir da ein paar Schreiben aufsetzen und eine Gesellschafterbeschluss machen, dass er mir gegenüber jetzt halt in dem Bereich Weisungsbefugte ist. Ich versuche aber auch selber, dass das nicht kollidiert, also dass ich mich auch mal führen, lasse auch von ihm, auch wenn ich mal anderer Meinung bin. Also einfach um es ihm auch nicht unnötig schwer zu machen und auch um das selber zu erfahren, wieder wie es denn ist geführt zu werden, weil ich das ja vorher die ganze Zeit gemacht hab und das ja auch Menschen betrifft. Und mir geht es immer darum, dass man diese Macht nicht missbraucht, weil es für mich ein großes Machtinstrument ist zu führen. Das darf man nicht missbrauchen und dafür muss man sich kontinuierlich hinterfragen.

00:08:56 WENDLANDLEBEN

Da jast du jetzt mit der mit der rechtlichen Problematik natürlich eine Steilvorlage gegeben...
Julie, ich könnte mir vorstellen, dass du als als Anwältin und Notarin auch Erfahrung mit rechtlichen Fragen bei Übernahmen gemacht hast. Liege ich da falsch?

00:09:10 JULIE

Nein, das ist richtig. Also gerade als Notaren im anwaltlichen Bereich, in der Vertragsgestaltung schon, wenn es um gesellschaftsrechtliche Sachen geht. Aber als Notaren mache ich gerade hier im ländlichen Raum sehr viel Höfe-Übergaben, was sehr spannend ist, weil das eigentlich ein ganz breites Feld abdeckt. Auf der einen Seite einfach das rein rechtliche: Liegenschaften müssen übertragen werden, Gesellschaftsanteile abgetreten usw, auf der anderen Seite das, was sehr menschlich ist. Also gerade Hof Komplexe sind ja in der Regel noch Drei-Generationen-Haushalte. Wie funktioniert das eigentlich? Wie bleiben da alle irgendwie zusammen? Welche Konflikte sieht man auch? Ich bin tatsächlich auch ausgebildete Mediatoren, was mir da hilft, weil man dann in der Vorbereitung auch sagt, das reicht nicht. Eine Runde, da muss man schon mal zwei, drei Treffen machen, vielleicht auch gar nicht mit allen Parteien. Häufig gibt es ja auch weichende Erben, die das auch schlucken müssen, insbesondere wenn es mehrere sind, die eigentlich die gleiche Ausbildung haben. Noch häufiger leider, obwohl hier geht es eigentlich keine familiären Übernehmer, sondern man sucht jemand anderes, der es übernimmt und gar nicht aus der Familie kommt. Und die Übergeber wollen aber trotzdem eigentlich auf dem Hof noch bleiben. Das sind so die verschiedenen Strukturen, die hier im ländlichen Raum sehr spannend sind und eigentlich die häufigsten übernahmen.

00:10:14 WENDLANDLEBEN

Das kommt tatsächlich oft vor, dass Leute jemand für den Hof suchen, aber trotzdem noch dabei bleiben. Ich hätte mir das jetzt immer so ganz sauber eigentlich vorstellt. Ich habe jetzt keine Lust mehr auf die Landwirtschaft. Ich steig aus und gebe meinen Hof ab.

00:10:24 JULIE

Also klingt eigentlich noch nicht so häufig. Wie gesagt, bei uns, also gerade im Raum Hitzacker, haben wir erfreulicherweise sehr viele Nachfolgen noch in der Familie. Aber manchmal ist es eben auch nicht die Tochter, sondern der Neffe oder andersherum die Nichte und nicht der Sohn. Je nach Begabung und Interesse.

00:10:38 WENDLANDLEBEN

Auch das ist die Landwirtschaft auf der anderen Seite. Du hast aber auch in der Kanzlei Selbsterfahrung mit Übergabe gemacht.

00:10:44 JULIE

Ja, aber nicht so, also das hatte ja jetzt gar nicht so erzählt da bei mir musste keiner so richtig was übergeben, weil das Notariat, was sozusagen mein Kernbeschäftigung eigentlich ist, das muss abgegeben werden mit 70 Und als mein Vater, der vorher Notar bei uns in der Kanzlei war, 70 wurde, musste er es Notar abgeben. Da war ich tatsächlich auch noch nicht fertig mit der Ausbildung. Wir hatten noch eine andere Notarin mit drin, die das überbrückt hat, so dass ich mich sowieso um dieses Amt neu bewerben musste. Also es ist nicht so, wie immer viele denken, man übernimmt das Notariat vom Vater, sondern es ist ein Amt, was man abgibt und der Nächste bewirbt sich neu. Da zählt die Note, da zählen andere Faktoren mit dazu und dann kriegt man es auch nicht unbedingt sicher, man muss ein richtiges Examen machen, noch mal ein drittes, wenn man noch nicht genug hatte von Examen. Ja.

00:11:25 WENDLANDLEBEN

Ich bin ja kein Jurist, aber ich stelle mir das dann schon recht straight vor eigentlich. Wenn du aus einer Juristenfamilie kommst und dann quasi in der eigenen Kanzlei, das schon.

00:11:33 JULIE

Ja, musst du sagen. Bei uns war auch das ein bisschen anders als bei Lea. Also mein Vater scheint das nicht so gestresst zu haben, weil wir sind von fünf Kindern immerhin drei Juristen und selbst einer ist nicht Jurist, aber arbeitet in der Kanzlei. Und dann haben wir noch so ein Musiker, aber zum Glück. Aber für uns war das eigentlich immer eher... irgendwie hat das Selbstständigkeit ausgestrahlt und ich fand immer, muss ich sagen, früher und finde ich auch immer noch herrlich: Da ist alles da, man hat gern Sachen zum Basteln ist es irgendwie so ein toller, toller Ort, fand ich immer. Ich wollte gerne im Büro sein, tatsächlich aber eben eher in einem ländlichen Büro, habe aber erst mal in einer Großkanzlei gearbeitet, auch in Berlin. Und eigentlich war erst mit dem ersten Kind klar, dass das nicht mehr funktioniert. Die ist sehr bewegungsfreudig und das hat es sofort in dieser Stadt nicht mehr funktioniert. Und dann war mein Mann und mir auch sowieso klar, Wir würden gerne wieder aufs Land gehen. Und dann bot sich die Gelegenheit eigentlich durch dieses dritte Examen. Früher war das nicht so, früher mussten Notare einfach nur irgendwie, also Anwälte warten und oder welche Punkte sammeln. Und irgendwann haben sie lange genug gewartet und dann durften sie Notar werden. Und das hat man umstrukturiert irgendwann 2010 oder so was glaube ich, dass man dieses dritte Examen machen muss, was für jüngere Notare eine Chance war. Also Notaranwärter, Weil wir jetzt letztendlich wirklich durch Lernen und das Können und nicht durch Warten die Chance hatten, auch den Platz zu kriegen.

00:12:56 WENDLANDLEBEN

Ihr seid jetzt beide ja Rückkehrerinnen aus Berlin. Welche Rolle haben außer die elterlichen Betriebe der gute Ruf des Wendlands letztlich gespielt? Das muss da ja, ich kann mir das vorstellen, hier zurückzukommen. Wir haben jetzt einige Geschichten auch von Leuten gehört, die gesagt haben, sie konnten gar nicht schnell genug weg, eigentlich, nachdem sie alt genug waren. Wie war das bei euch?

00:13:16 LEA

Ich habe das tatsächlich auch erst gemerkt, als ich wieder hier war, dass ich mich da schon nach sehne und dass die Stadt mich sehr gestresst hat. Also ich habe vorher in Hamburg studiert und mein Mann ist Berliner und deswegen sind wir dann nach dem Studium in Schweden nach Berlin gegangen. Also mich stresst das sehr, diese Verfügbarkeit und die Lautstärke vor allem und auch, dass man so wenig Platz hat. Ich weiß auch durch das Aufwachsen gewohnt, dass ich immer viel Platz hatte. Das habe ich schon vermisst. Durch die Kinder jetzt hat sich das total manifestiert. Ich würde nie wieder was anderes wollen, aber das hätte sich erst ergeben, als ich dann diese 100 Tage wieder hier war, dass ich das spüren konnte: Okay, es geht mir besser hier also als jetzt in der Stadt, genau. Mein Mann geht das nicht immer so? Also der ist schon durchaus echt... also ein richtiger, echter Berliner so, der vermisst es auch, also das rege Treiben. Und das ist hier natürlich schon das krasse Kontrastprogramm, das kann man nicht anders sagen.

00:14:10 JULIE

Also ich glaube, ohne Kinder wäre ich nicht wieder hierher gekommen, ganz ehrlich und ohne einen Mann, der gerne auch hierher kommen wollte. Das sind ja noch immer mehrere Sachen, man zieht ja mit einer ganzen Familie um und mein Mann kommt aber aus der Nähe, also aus Lüneburg, und kannte das Wendland auch und hat hier tatsächlich auch ein Teil seiner Ausbildung gemacht und deshalb gab es den Bezug einfach schon. Sonst ist es glaube ich immer für die Mitkommer, also die Rückkehrer haben es ein bisschen einfacher, für die Mitkommer ist es schwerer. Und ich habe gemerkt, auch bei vielen anderen Rückkehrern, es funktioniert am besten, wenn der Mitkommer vor allem will. Und das gibts nicht zu knapp. Also die sind dann in Ferien hier und sagen: Walles WunderschönW. - WÄh, nee, das Schwimmbad fand ich immer grässlich. Weil man hat ja früher ganz andere Blickwinkel drauf gehabt. Und gerade wenn die mitkommen sagen nein, für sie ist das wirklich ein schöner Raum und vor allem auch der schönere als der, wo man selber herkommt. Gerade wenn sie vom Land kommen, dann ist das eine stabilere Entscheidung, sonst muss man ja ständig rechtfertigen, wo man jetzt hier ist und kein Bus fährt oder abends irgendwie nicht jeden Abend noch irgendwo ein Grieche aufhat oder - ein Grieche hat wahrscheinlich meistens noch auf - aber kein Inder oder kein Asiate oder was weiß ich. Das ist eine gute Voraussetzung also für alle, die vorhaben, hierher zu kommen, wieder zurückzukehren. Der Partner muss das vor allen Dingen auch wollen.

00:15:21 LEA

Ich bin nicht so gut kompromissbereit. Also Max musste einfach.

00:15:28 WENDLANDLEBEN

Sabrina, wie kompromissbereit bist du? Bist du von hier bis zur Rückkehrerin?

00:15:31 SABRINA

Ich bin quasi jetzt der Partner, die Partnerin gewesen, in diesem Fall Mein Mann kommt aus dem Wendland, hat eine große Familie und ein Teil davon ist auch noch hier. Und deshalb bin ich jetzt auch hier. Ich bin jetzt quasi die, die mitgekommen ist. Ich komme aber nicht von weit her aus dem Nachbarlandkreis und bin da sehr dörflich auch aufgewachsen. Also ich kenne dieses Dorfleben und die Ruhe und ich weiß das auch sehr zu schätzen. Es stimmt, es ist als der, der mitkommt oder die, die mitkommt, nicht ganz einfach, in so eine kleine Dorfgemeinschaft reinzufinden. Mir hat natürlich extrem geholfen, dass ich hier Arbeit gefunden habe und dadurch lernt man dann schnell viele Leute kennen, wo sich dann auch Kollegen mal zu Freunden entwickeln. Und so ist man dann ja auch relativ sesshaft ganz schnell.

00:16:19 WENDLANDLEBEN

Jetzt hast du dir ja auch einen Arbeitsplatz gesucht, wo es viele Kolleginnen und Kollegen gibt. Du arbeitest beim Landkreis, in der Verwaltung als Stabsstellenleitung Digitalisierung. Was macht man da? Ich dachte, es gibt nur Aktenverwaltung - analog.

00:16:35 SABRINA

In meiner Stabsstelle Gott sei Dank so nicht mehr. Wir sind fast vollständig digital. Das ist jetzt bei uns schon komplett so, in den anderen Organisationseinheiten rollen wir langsam aus. Wir haben vor wenigen Jahren als kleines Team angefangen mit zwei Leuten. Inzwischen habe ich vier Mitarbeitende in Vollzeit bei mir. Also wir sind groß gewachsen. Wir kümmern uns um natürlich Einführung von elektronischer Aktenführung, also weg von Papier, revisionssichere Ablage, dennoch alles in digital, was dann auch so was wie Homeoffice einfach möglich macht oder besser möglich macht natürlich. Wir kümmern uns aber auch um Datenschutz und Informationssicherheit, denn das spielt ja auch da eine große Rolle. Wir kümmern uns um die Dienstleistung für die Bürgerinnen und Bürger, also diese online zur Verfügung zu stellen, sodass man nicht immer ein Papierantrag einreichen muss zukünftig, sondern tatsächlich dann auch von zu Hause einfach die Anträge stellen kann, die bei uns weiterverarbeitet werden dann auch digital. Und ein noch recht neues Thema von mir ist der Einsatz von künstlicher Intelligenz. Also alles, was wir an Software im Rahmen künstlicher Intelligenz planen, überlegen, einsetzen, das passiert bei mir.

00:17:49 WENDLANDLEBEN

Machen das andere Landkreise auch?

00:17:51 SABRINA

Ja und nein (lacht) Das Thema ist natürlich allen bekannt und das Thema brennt auch bei allen, weil Kommunen auch vor dem Fachkräftemangel stehen, ganz klar. Also das betrifft uns stark, im ländlichen Bereich auch sehr, sehr stark. Aber auch die Großstädte haben das gleiche Problem. Also es ist ja nicht so, als würden da irgendwie alle Stellen besetzt sein und nur im ländlichen Bereich nicht, sondern es ist überall gleich ist es auch in der Privatwirtschaft glaube ich  ein ähnliches Problem. Auch da steht man vor dem Fachkräftemangel. Und was natürlich auch bei allen gleich ist: Wir haben wenig Geld. Das kommt auch dazu. Und da haben wir, bevor es überhaupt bundesweit oder auch europaweit Regulierungen gab, bei uns im Landkreis gesagt: Wir fangen schon mal an und wir versuchen, uns so gut wie möglich selbst zu regulieren. Und das haben noch nicht so viele gemacht. Also viele sind noch bei Einführung von elektronischer Akte oder haben gesagt 'okay, das ist jetzt alles ja auch ein sehr polarisierendes Thema. Wir warten mal, was kommt denn an Regulierung von der EU, von Bund, von Land.' Und wir haben gesagt, wir machen es einfach mal!

00:18:58 WENDLANDLEBEN

Man kann den Eindruck gewinnen, dass das irgendwie zu diesem Landkreis passt oder zu diesem Ruf des Wendlands, dass da einfach Leute immer irgendwas machen und deswegen wir diese schöne Transformationsreihe machen können. Was kann man sich bei dieser, also das ist ja schon entkräftet, die KI nimmt jetzt in dem Fall niemandem den Job weg. Was macht diese KI konkret?

00:19:17 SABRINA

Also wir haben jetzt schon verschiedene KI im Einsatz. Insgesamt haben wir schon 3 Produkte bei uns laufen. Ein Produkt entlastet ein stückweit bei der täglichen Dokumentation. Dort kann man dann einfach seinen Text ins Mikrofon reinsprechen und das wird übersetzt in Schriftform. Das ist natürlich für alle, die auch nicht so schnell nicht so gerne tippen, ein großer Vorteil. Im Durchschnitt sind die Kolleginnen und Kollegen um das Dreifache schneller, wenn sie diese Software benutzen. Dann haben wir gerade in der Pilotierung eine Software zum Einsatz von Prozessautomatisierung. Da geht es eben darum, immer wiederkehrende Tätigkeiten, so was wie Unterlagen, Nachforderungen, Überprüfung. Sind überhaupt alle Unterlagen vollständig schon da? Also das, was man ganz oft im alltäglichen Arbeiten hat, dass das abgenommen wird, aber nur unterstützend. Also unsere KI Software trifft nie. Abschließende Entscheidung. Es ist immer noch jemand da, eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter, der drüberschaut und dann sagt ja, das passt so, so kann das rausgehen. Und was mir auch sehr am Herzen liegt natürlich, wir haben ein eigenes Produkt entwickelt, zusammen mit einer Firma aus Düsseldorf. Und da geht es darum, dass wir die Protokollierung abnehmen lassen von KI in der Form. Das kennen sie auch alle. Überall wird irgendwie protokolliert, in der Behörde natürlich ganz besonders viel. Politische Gremien werden protokolliert, interne Dienstbesprechung werden protokolliert. Und bisher war dieser Prozess manuell sehr aufwendig. Also es gibt dann die Protokollanten oder den Protokollant und der hört sich diese Audiospur wiederkehrend an und hört dann quasi auch mit Kopfhörern immer wieder die 3 4 stündige Sitzung und versucht dann oder schreibt dann das Protokoll daraus zusammen. Und die KI, die wir jetzt entwickelt haben, übernimmt das. Wir laden die Audiospur hoch, sortieren dann einmal die Sprechenden zu und dann kriegen wir erstmal ein Wortprotokoll, erstellt von der Software. Und im Ergebnis, das ist dann in das Entscheidende eine Zusammenfassung. Die wird dann nur noch einmal durchgelesen von den Protokollanten und wird dann weiterverarbeitet bei uns.

00:21:28 WENDLANDLEBEN

Bei einer vierstündigen Sitzung hätte ich jetzt geschätzt, es mindestens das Dreifache braucht, um das zu transkribieren. 12 Stunden sind quasi zwei Arbeitstage...

00:21:37 SABRINA

Round about. Also wir haben ja auch im Sitzungsdienst für die politischen Gremien sehr schnelle Schreiberinnen, die sind das geübt und die können das wahnsinnig schnell. Und wir haben natürlich Zeiten gestoppt, um auch unsere Effizienzsteigerung messbar zu machen. Und da kommen regelmäßig reine Schreibzeiten, also bitte ohne Kaffee-holen oder ohne mal irgendwie auf die Toilette zu gehen, sondern wirklich auf die Sekunde gestoppt, reine Schreibzeiten von über acht Stunden zusammen.

00:22:05 WENDLANDLEBEN

Ich find das spannend. Dafür, dass wir in so einer ausblutenden, abgehängten Region sind und andere Landkreise, die bestimmt super viel hipper und reicher sind, letztlich jetzt immer hier anfragen, um das Know how sich einzukaufen, wie man morgen immer noch, also auf der einen Seite bestimmt effizienter sein kann, aber vielleicht auch eine weniger gestresste Verwaltung hat. Würdest du sagen, die weniger gestresste Verwaltung könnte tatsächlich für neue BürgerInnen ein Grund sein, einfach mal den Landkreis zu wechseln?

00:22:37 SABRINA

Ja, also auf jeden Fall für potenzielle Kolleginnen und Kollegen von mir ist es so. Da haben wir die Erfahrung einfach schon gesammelt bei Bewerbenden, die dann gesagt haben okay, ich habe jetzt ein Angebot von einem Landkreis XY und ich habe das von euch und die einfach von dieser Innovation so fasziniert waren, dass wir da so dranbleiben und auch was anders machen wollen, dass die sich für uns entschieden haben. Und das ist natürlich klasse. Alle jungen Leute, die jetzt auch nachkommen, die jetzt irgendwie die dualen Studiengänge machen oder die Ausbildung in der Verwaltung, die machen doch das alles jeden Tag mit ihrem Smartphone. Ja, die Nutzen Chat gibt die nutzen Empfehlungsalgorithmen, die nutzen Gesichtserkennung beim Handy, das ist alles KI. Also wir benutzen das ganz oft, ganz unbewusst, aber das ist ja der Alltag, dass man mit seinem Smartphone irgendwie arbeitet, dass man ganz viel erledigen kann. Und natürlich auch der Anspruch von Work-Life-Balance. Dass wir auch Homeoffice anbieten könne, weil man nicht erst mal eine Kiste Akten mit nach Hause tragen muss. Und wenn man jetzt die Richtige vergessen hat, kann ich leider nicht weiterarbeiten. Also das ist natürlich auch ein großer Vorteil, der sich dadurch ergibt.

00:23:48 WENDLANDLEBEN

Dass junge Leute angesprochen Ich finde junge Leute toll. Der Landkreis ist insgesamt ja aber nun sehr alt, wenn man mit neuen Ideen um die Ecke kommt - offene Frage an euch alle drei -  habt ihr ja auch Erfahrungen gemacht, a lte Leute und neue Ideen,  mögt ihr mit uns teilen. Wie problematisch das ist in Anekdoten oder als grundsätzliche Philosophie hier in diesem Landkreis.

00:24:11 LEA

Also mein Opa hat immer gesagt, ich hätte zu viel studiert und wie ein richtiger Klugscheißer. (lacht) Und so. Also ich habe die Erfahrung gemacht, dass je mehr Erfahrung ich auch habe, desto besser kann ich natürlich auch abwägen. Also als ich jung war, würde ich sagen, hatte ich so mehr Energie und Feuer und wollte unbedingt alle möglichen Sachen erneuern und umwerfen, habe aber viele Konsequenzen nicht bedacht. Es gehört einfach dazu, weil man die Erfahrung noch nicht hat, was es machen würde, wenn ich jetzt dieses oder jenes tue. Dennoch glaube ich, dass es so ein gesundes Gleichgewicht braucht. Also ich merke das auch bei uns im Betrieb, dass ich es immer schön finde, wenn wir Teams haben, wo sich Jung und Alt mittel, also jede Altersgruppe mischt, einfach um die unterschiedlichen Perspektiven auf das Thema reinzukriegen und vor allem um auch voneinander lernen zu können. Und das sehe ich auch immer so, dass wir alle voneinander lernen können. Also die Älteren können auch von den Jungen noch was dazulernen. Es ist ja ein kontinuierlicher Prozess. Die Welt wandelt sich ja nun auch recht schnell und wir müssen uns irgendwie alle ständig anpassen oder neue Lösungswege suchen. Und da ist es, glaube ich, schon gut, wenn man zusammenarbeitet. Aber ich kenne es das so ja, das dann auch einfach so, also so aus Trotz oder Neid, da höre ich jetzt erst recht nicht zu. Und ich habe das auch so als junge Frau gemerkt, dass da viel Ablehnung auch dann erst kommt oder ich einfach nicht für voll genommen werde. Oder Hey, du musst ja jetzt auch erst mal zeigen, was du kannst und so und das ist eine Entwicklung. Ja, würde ich mir schon wünschen, dass wir uns da auch als Gesellschaft weiterentwickeln, da nicht immer so eine Arroganz zu haben, sondern dass wir da offener werden. Ich hab immer zu meinem Opa gesagt, wenn der denn mich kritisiert hat, dass er ja nun auch mal jung war oder meine Mutter und ich hab doch auch die Erfahrung gemacht. Und dann möchte ich irgendwie jetzt auch so genommen werden, wie ich bin, gerade weil ich kann ja auch nichts dran ändern, dass ich jetzt in dem Alter gerade bin oder dass ich jetzt die und die Meinung gerade habe, weil ich kann es ja noch nicht anders. Also das ist jetzt gerade mein Status quo. U nd ich glaube, dass es gut tut, wenn man das miteinander versucht, das so zu sehen und ja und und sich so respektiert.

00:26:15 JULIE

Ich glaube, bei uns ist, ich kann das sagen ist unterschiedlich. Also im Büro organisatorischen da ist es so, wenn man natürlich so ganz lange also die Kanzlei gibt es auch jetzt seit 50 Jahren dieses Jahr. Wir haben auch eine Mitarbeiterin, die schon seit Anfang an dabei und die kennt mich, seitdem ich so bin.  Und da musste ich auch am Anfang sagen, vielleicht ist es nicht so eine gute Idee, mich vor den Mandanten "Julchen" zu nennen. Aber letztendlich ist sie auch das zentrale Wissen in der Kanzlei gewesen, hat über 50 Auszubildende ausgebildet, also die hat da wirklich den ganzen Prozess auch sehr stark gestaltet. Aber da etwas, mal höflich gesagt, ist das vielleicht ein bisschen überflüssig, das Drama vorzulegen, Aber d a musste man schon mal ein bisschen arbeiten, weil es einfach natürlich eingeübte Prozesse sind. Und dann wird das auch schnell als Kritik verstanden, wo man da einfach auch gut damit umgehen muss. Manchmal hat man vielleicht auch einfach nicht verstanden, warum es den Prozess so gibt, Da kommt man nicht drum rum. Das ist wahrscheinlich auch wirklich in diese ganz kleinen Arbeitsaufläufe auch mit reinzugehen. Also ich habe schon auch angefangen, das war früher nicht so typisch. Der Notar früher saß ja, er hat er so vorgelesen, unterschrieben und so und ich hab von Anfang an schon auch versucht, das alles technisch selber zu können, um einfach auch die Prozesse zu verstehen und auch zu verstehen, wo es schwierig wird, wenn man auch was anders verlangt. Da gibt es bestimmte Sachen, wo man sagt, da werden Jüngere vielleicht schneller bereit das über Bord werfen, weil es einfach noch nicht so lange getan haben. Was ich aber sagen muss sonst außerhalb des Betriebes, also bei uns, ich komme aus Hitzacker, wenn es da mal darum geht, auch was ganz Neues zu machen, da sind sogar fast die Älteren dabei, vielleicht weil sie mehr Zeit haben. Also die Jüngeren haben alle Kinder, müssen arbeiten usw und sind froh, dass sie ihren Arbeitsablauf und Tagesablauf durchkriegen. Da sind muss man sagen, in diesen ganzen Vereinen, ehrenamtlichen Projekten usw. ist der Altersdurchschnitt eigentlich immer eher ziemlich knackig über 60 und trotzdem haben sie alle Freude am was Neues machen. Deshalb finde ich das etwas unfair, wenn die Alten dann immer so als unbeweglich und reaktionär hingestellt werden. Es gibt auch sehr unbewegliche Jugendliche.

00:28:13 SABRINA

Ja, dem würde ich direkt zustimmen. Wir haben beim Landkreis round about 500 Mitarbeitende,  bisschen drunter, und ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass es gar nicht so ein Altersding ist. Also es gibt ganz offene Leute in älteren Generationen, es gibt ganz offene Leute in jüngeren Generationen und andersherum auch. Ich glaube, das hängt so ein bisschen mit dem eigenen Gefühl und Wollen von Veränderungsbereitschaft zusammen. Grundsätzlich sind wir alle Gewohnheitstiere und manche finden Veränderungen schlimmer als andere. Ich glaube, wichtig ist einfach wirklich Jeder hat seine Ängste, auch gerade im Bereich künstlicher Intelligenz. Da hat jeder unterschiedliche Ängste. Es ist wichtig, darauf einzugehen, die Leute zu beteiligen, sie mitzunehmen und versuchen auch diese Ängste zu entkräften, weil egal in welcher Form sie da sind, finde ich, muss man das ernst nehmen, muss darauf eingehen und man muss einfach auch versuchen, das dann eben so für jeden individuell zu gestalten und zu erklären, dass. Er oder sie sich damit wohlfühlt und gerne damit arbeitet, weil alles andere würde nur meiner Meinung nach zu weiterer Verweigerung führen und man kann diese Person nicht abhängen. Es ist wichtig die mitzunehmen, weil die haben ja auch Gründe für ihre Bedenken und Ängste. Und von daher ein Klassiker bei KI: 'Fällt morgen mein Arbeitsplatz weg? Werde ich gekündigt?' Ja, aber wie ist die Situation? Das kennen Sie sicherlich alle. Die Situation ist doch die, dass man, egal wo man hin hört, alle überlastet sind. Wir müssen doch auch was tun für die, die jeden Tag zur Arbeit kommen, die diese Arbeit irgendwie schaffen müssen, obwohl ganz viele Stellen nicht besetzt sind. Ich finde, da muss man einfach alle mitnehmen, egal ob Jung oder Alt, mit allen Bedenken und Befürwortung, die dann auch vielleicht da sind.

00:29:53 WENDLANDLEBEN

Wenn ihr jungen oder alten Menschen, die in diesen Landkreis kommen und willig wären, Unternehmen zu übernehmen, etwas raten könntet? Was wäre so die "Dos" und "Don'ts" aus eurer Erfahrung? Das sollte man wirklich beachten. Das wären Motivation, einfach den Schritt zu wagen.

00:30:13 JULIE

Also ich glaube jeder wird gut beraten, mal so einen Monat im Februar hier zu sein. Erst mal so, weil das sind da kriegen die Leute spätestens ein Durchhänger, wenn sie Stille und Einsamkeit und auch Gleichlauf auf eigentlich gar nicht so richtig mögen und denken. Der Landkreis besteht aus 365 Tagen KLP, Das, glaube ich, ist auf jeden Fall etwas, was man machen sollte. Das haben wir tatsächlich auch gemacht. Ich war schon Partnerin in der Kanzlei in unserer Familienkanzlei und wir haben aber, weil mein Mann noch in Berlin gelebt hat, eigentlich zwei Wohnorte gehabt und sind immer so hin und her geswitcht. Und das war natürlich mit Kindern ein bisschen anstrengend, da eine Kita, da eine Tagesmutter usw, aber es war trotzdem gut, weil wir dann wirklich sehen konnten, das klappt auch an den Tagen, wo es grau und langweilig und Offseason ist. Also das glaube ich, ist jetzt vor der Arbeit das allerwichtigste für den übrigen Tag. Ja.

00:31:05 LEA

Also mein Mann hat es gut geschafft, der spielt Fußball und ist hier in Fußballverein gegangen und hat darüber. Jetzt finde ich echt viele soziale Kontakte sich aufgebaut und hat so Spaß dran. Also ist halt so über den Sport finde ich hier angekommen. Also unsere Kinder sind jetzt in der Feuerwehr. Also ich finde das sind so Dinge, die gut helfen hier einfach in eine Gemeinschaft auch reinzukommen.

00:31:26 SABRINA

Ja, also dienstlich oder privat würde ich immer sagen mutig sein und sich trauen, das klappt. Die besten Erfolgsgeschichten. Also nicht zurückhalten, einfach mal drauf los gehen. Ich habe es auch erlebt, als ich mit Visionen von künstlicher Intelligenz bei uns im Landkreis ankam, dass man unerwartet vielleicht auf richtig viel Unterstützung stoßen kann. Also da weiß ich, geht für mich auf jeden Fall auch ein großes Danke an unsere politischen Gremien, die das immer unterstützen und fördern und auch an die Verwaltungsleitung, die sehr offen ist mit neuen Ideen und da auch mit umgeht. Von daher einfach mutig sein. Das lohnt sich immer.

00:32:03 LEA

Und ich glaube, es ist nicht nur der Februar, aber es. Also ich habe jedenfalls die Erfahrung bisher immer gemacht, dass man egal wenn man was Neues anfängt, dass man immer schon eine echt lange Zeit erst mal durchhalten muss, also dass man nicht sagen sollte irgendwie, nach zwei Monaten "Ich brech das Projekt ab. Mir geht es heute nicht gut", sondern, dass sich so Beharrlichkeit jedenfalls in meinem Fall immer total ausgezahlt hat und dass das dann auch Freude macht.

00:32:28 JULIE

Vor allem kann ich mal ein bisschen Werbetrommel rühren um etwas, was es bei uns nicht gab. Was es hier jetzt gibt mit eurer Agentur, muss ich sagen, ist eine riesen Hilfe. Wir haben das schon gemerkt. Von Berlin aus haben wir gesagt schaffen wir den Sprung hierher oder nicht? Und es gab einfach immer nicht diesen Blick in den Kreis. Man kann ja, wenn man es da draußen sagt, ich möchte da eichen. Man weiß aber nicht genau, wie der Arbeitsmarkt ist, wie sozusagen die sozialen Zusammenhänge sind. Was gibt es da eigentlich wirklich? Wobei ich ja sogar noch einheimisch war, aber auch sehr lange weg zwischendurch. Da braucht man einfach irgendwie immer so einen Übertrager und da ist diese Agentur, glaube ich, wirklich sehr wichtig, dass es die jetzt gibt, weil das ist etwas, was man nicht vorher sich von der Ferne so ermitteln kann, gerade für welche, die nicht unbedingt schon hier waren.

00:33:09 WENDLANDLEBEN

Ja, also grundsätzlich haben wir die Erfahrung gemacht und das könnt ihr vielleicht bestätigen, jeder jede, die sucht, kann hier relativ barrierearm einfach, ja relativ einfach EntscheiderInnen ans Telefon kriegen, die einem weiterhelfen und Sigrun und ich von Wendlandleben empfehlen tatsächlich, weil also es gibt zwei Problematiken, wenn man hierher kommen will der Wohnraum und der Job möglicherweise, das ist immer gar nicht verkehrt, wenn man Geld hat und was zum Schlafen, dass man Initiativbewerbung einfach schreiben kann, weil einfach immer irgendwas eigentlich bei so wenig Leuten mit vielen guten Ideen wurde vorhin gesagt. Es gibt viel zu tun und manchmal ist die Stelle einfach nur noch nicht ausgeschrieben und es lohnt sich, sich darzustellen und zu sagen 'Ich bin da, ich suche etwas.' Und da gibt es Möglichkeiten rauszufinden, wer Ansprechpartner dafür sein könnte bei Unternehmen.

00:33:59 LEA

Also bei uns im Betrieb zum Beispiel. Wir haben mittlerweile einen Fußballtrainer, der vorher beim Deutscher Fußballbund DFB, der war der Trainer in Rostock und der ist jetzt mittlerweile in der Verwaltung unserer Tischlerei ganz toll. Er ist super teamfähig, hat Mannschaften trainiert, nett zu sein. Also für die Tischlerei ist er ganz toll geeignet. Da freue ich mich immer wieder drüber, dass wir das gewagt haben, weil er ja keine Vorkenntnisse hatte. Aber das hätte ich gut gefunden. Dann haben wir einen Physiotherapeuten, der bei uns Küchen verkauft. Und sie hat Kunstgeschichte studiert und ist jetzt die Assistentin von Max und mir. Also das ist schon so, dass man hier auch andere Jobs findet, als man vielleicht gedacht hätte. Aber bei uns im Unternehmen ist es so nett, dass Sie dann trotzdem gerne zu uns kommen.

00:34:43 JULIE

Ja, ich habe auch zwei Mitarbeiterinnen, die was komplett anderes gelernt haben, also auch Akademikerinnen tatsächlich, und das sind erst mal gute Bekannte bis Freundinnen von mir und wir haben aber vor allen Dingen für die eine Möglichkeit geschnitzt, mit Kindern gut zu arbeiten, also dass es dann eben einfach auch bevorzugten Urlaub in den Ferientagen gibt von den Schulferien, dass sie da einfach immer den ersten Zugriff haben, dass wenn das Kind krank ist, jetzt gut, jetzt geht das sowieso, aber früher ging das ja nicht, da muss man ja immer zum Arzt sofort, das wir da auch geguckt haben, dass wir da andere Lösungen finden, dass sie die Tage schnell tauschen konnten und solche Dinge. Da kenne ich natürlich die Probleme besser, weil ich das als Mutter selber weiß, wie wichtig das ist als -  gut ich bin jetzt nicht mehr angestellt -ich bin selbstständig, das ist als Mutter deutlich einfacher in vielen Dingen. Aber ich habe auch als Angestellte eine Zeit lang mit Kindern gearbeitet und weiß, wie schrecklich das ist, wenn das Kind dann wieder morgens Fieber hat, was dann für ein Ritt auf einem vor besteht. Und das sind dann einfach Sachen, die man, glaube ich, ganz gut passgenau anbieten kann.

00:35:43 LEA

Glaube ich auch, dass so im Landkreis die Unternehmen ganz anders, so mitarbeiterbezogen sind. Also der Landkreis. Es sind weniger Menschen und man etwas Gefühl, man kennt jeden. Also jeder kennt jeden so und so ist es halt auch dann im Betrieb. Also ich bin ja nicht isoliert, dass ich jetzt irgendein Chef bin, der dann 20 km entfernt wohnt und der Umkreis, also ich kenne ja alle auch privat, ich treff sie usw. Also man versaut sich hier auch nix, also auch in den Beziehungen so.

00:36:10 WENDLANDLEBEN

Oder so richtig...

00:36:11 LEA

Und es gibt auch Leute, die machen das so richtig, dass das will ich nicht ausschließen, aber trotzdem finde ich, hat das hier also man hat eine andere Haltung als ich. Ich bin nämlich ordentlicher, ich versucht ,dass die Menschen einfach gut miteinander auskommen. Das merke ich schon, dass es bei uns im Landkreis zum Teil einfach anders ist. Wir wissen, wir sehen uns hier alle 5-mal in der Woche und dann sollten wir schon aufpassen, dass wir uns nicht gegenseitig das Leben schwer machen.

00:36:34 WENDLANDLEBEN

Ich denke, man kann sagen, dass Hilfsbereitschaft eine Sache ist, die in diesem Landkreis durchaus vorkommt und funktioniert auch bei generationsübergreifenden Thematiken und auch bei Unternehmensnachfolgen. Vielen Dank, dass ihr hier wart und hier seid.

Das war: WENDLANDREDEN "Folgt mir nach".

Mehr Infos zu den Gästen und ihren Initiativen findet ihr in den Shownotes. Mehr Wissenswertes über den Landkreis Lüchow-Dannenberg gibt es auf Wendlandleben.de. Dort findet ihr auch den Kontakt zu Sigrun und mir, bei denen ihr euch sehr gerne direkt telefonisch oder per Email melden könnt. Wenn auch ihr im Wendland wohn wollt, Betriebe übernehmen wollt, einen Job sucht oder euch generell vernetzen wollt.

WENDLANDREDEN ist eine Produktion von WENDLANDLEBEN als Teil der Wirtschaftsförderung Lüchow-Dannenberg. Technische Umsetzung: Simon Kamphans. Weitere Folgen WENDLANDREDEN über Work, Life, Land und Alternativen findet ihr auf den gängigen Podcast-Plattformen.

 

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